Seefunkzeugnis 2. Klasse
Meine Ausbildung zum Seefunker
erfolgte an der Seefahrtschule Leer/Ostfriesland in der Bergmannstraße,
und zwar für das Seefunkzeugnis 2. Klasse vom 19.10.1964 bis zum 5.10.1965
und für das Seefunkzeugnis 1. Klasse vom 15.3.1971 bis zum 30.11.1971.
Zu diesem Zeitpunkt gab es in der Bundesrepublik mehrere Schulen mit einer
Seefunker-Ausbildung: Flensburg, Lübeck, Hamburg, Bremen, Elsfleth
und Leer.
Daß meine Wahl auf
Leer fiel, war Zufall: Es war zeitlich gesehen der nächste Studiengang
nach Ende meiner Lehrzeit. Daß ich in Leer zu Seefahrtschule gegangen
bin, habe ich nie bereut und habe mich in dieser liebenswerten, kleinen
Stadt ausgesprochen wohl gefühlt. Gewohnt hatte ich bei Frau Margarete
Plack in der Mühlenstr. 96, einer damaligen resoluten Mittsechzigerin,
die wie viele andere Leeraner Bürger "Erfahrungen" mit der Wohnungsvermietung
an Seefahrtschülern hatte. Da ich kurz nach meiner Lehrzeit noch kein
festes Einkommen hatte, übernahm mein Vater die Kosten für Miete
und Lebensunterhalt, was in der damaligen Zeit durchaus keine Selbstverständlichkeit
war! Irgendwie hatte er seinen Sohn gut eingeschätzt, denn er buchte
für mich die Unterbringung mit "Vollpension". Dafür bin ich ihm
heute noch dankbar, weil es für mich oft die finanzielle Rettung am
Monatsende bedeutete....
Wir mussten als Seefahrtschüler
einfach Prioritäten setzen: 1. Kneipenbesuche, 2. Discobesuche, 3.
Mädchenbesuche, 4. Autowerkstattbesuche (falls wir überhaupt
eine eigene alte klapprige Kiste hatten).
Dafür hatten sie ja auch alle ihre mindestens 3 Jahr Seefahrtzeit bis zum Matrosenbrief auf dem Buckel. Funklehrer waren damals die Herren Johann ("Joke") Janssen und Harm Hasbargen. Später kam noch Herr Hans-Werner Grums hinzu. Das Prüfungstempo für das Seefunk-Zeugnis 2. Klasse im Hören und Geben war zum damaligen Zeitpunkt Tempo 90 BpM für Code und Tempo 120 BpM für den Klartext, jeweils über einen Zeitraum von 5 Minuten, natürlich ohne Fehler. (Beim Geben waren jeweils 3 Irrungen zugelassen.) Begonnen wurde mit dem Hören, bis wir bei Tempo 40 - 50 einigermassen sicher waren. Dann erst "durften" wir geben. Lehrhilfen waren beim Hören Tonbandaufnahmen mit verschiedenen Lektionen und Tempi, beim Geben hatten wir sogenannte "Tinten-Streifenschreiber". (Natürlich ohne akkustische Mithörkontrolle ! ) Wenn unser Funklehrer Joke Janssen "gut drauf war", übermittelte er uns auch den Klartext mit der Hand, was bei den meisten von uns zu einer gewissen Resignation führte, weil die Fehlerquote beim Hören dann plötzlich um mindestens 100 Prozent anstieg.
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Wenn dann noch das Wort
"auf" im Text folgte, warfen wir alle gemeinschaftlich Kugelschreiber und
Bleistifte in die Ecke. Keiner konnte dieses Wort so meisterhaft zu einem
einzigen Buchstaben umfunktionieren, wie Joke Janssen. Selbstverständlich
hatten wir auch noch andere Fächer, wie Englisch, Geographie, Wetterkunde,
Physik, Mathematik, Gesetzeskunde, Elektrotechnik, und Funkbetriebstechnik.
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Zur Ausbildung gehörte auch, etwa nach einem halben Jahr, ein Besuch bei der Küstenfunkstelle Norddeich Radio. Es war schon imposant die Empfangsfunkstelle in Utlandshörn und die Sendefunkstelle, damals noch in Norddeich, zu sehen mit ihren ganzen Antennen, wie Diskonen-, Reusen- und Beverage-Antennen usw. Als Krönung durften wir uns parallel zu einem Funker setzen und den Funkverkehr mit den Schiffen mitverfolgen. Ich muss gestehen, dass ich kaum etwas mitbekommen hatte. Das Tempo war einfach zu schnell für uns. Die Norddeichfunker erschienen uns wie „Menschen von einem anderen Stern“, dazu trug auch schon der Unterricht in der Seefahrtschule bei, wo uns eingetrichtert wurde, dass Norddeich Radio im Verkehr mit deutschen Schiffen absolute „Weisungsberechtigung“ hatte. Dass ich selbst einmal später als Funker bei Norddeich Radio arbeiten sollte, habe ich mir damals nicht träumen lassen.
Im Oktober 1965 hatten wir
Prüfung, damals bei dem auch heute noch vielen Leuten bekannten „Postoberamtmann“
Schulz von der Oberpostdirektion Bremen. Gefeiert wurde in der „Kleinen
Möve“
Aber mehr dazu unter der Rubrik Seefahrtzeit. |
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Funklehrer Janssen beim Unterrichtsthema Telegramm-Formen |