Max der Bordhund
Auf meinem ersten Schiff, der M/S „Marie Horn“ hatten wir einen Bordhund. Er entstammte der großen Familie der kleinen, hellbraunen herumstreunenden Straßen- und Hafenköter im spanischen Cadiz. Unser Koch hatte ihn von einem Landgang, offenbar nicht mehr ganz nüchtern, mit an Bord gebracht. Ungefähr 6 Wochen alt wurde er die ersten Tage an Bord versteckt, aber es ließ sich nicht vermeiden, dass er auf See dem „Alten“ (Kapitän) über den Weg lief. Seine erste Reaktion war: „Der Hund muss von Bord !“ Im ersten Moment sahen wir ihn schon im Nordatlantik herumschwimmen. Nicht auszudenken! Daher traten wir so vehement für den kleinen, niedlichen Kerl ein, dass sich der Kapitän doch umstimmen ließ. Aus Dankbarkeit erhielt auch den Vornamen des Alten: „Max“.
Max gedieh prächtig und wurde ein wirklich gut erzogener Hund, der von allen geliebt wurde. Sein Schlafzimmer hatte er beim Koch in der Kammer, der auch seine Bezugsperson war. Das hinderte ihn aber nicht daran, jeden Morgen an Bord einen Kontrollgang zu machen und jedes Besatzungsmitglied in seiner Kammer zu begrüßen und um sich eine „Streicheleinheit“ abzuholen. Sanitäre Probleme gab es überhaupt nicht. Max wurde von vorneherein so erzogen, dass er auf dem Achterdeck morgens sein Geschäft erledigte, was dann mit dem Deckwaschschlauch weggespült wurde.
Max erhielt dann auch in Kapstadt die notwendigen Impfungen und Papiere und wurde auch bei der Einklarierung in den Häfen offiziell mit aufgeführt. Meistens erhielt er aber Landgangsverbot, was ihn aber nicht hinderte, in manchen Häfen „illegal“ abzuhauen. Ja, er sah wirklich schmuck aus, immer gut gebürstet und mit einem schwarzen Halsband versehen, was seine Verwandten in Cadiz offensichtlich stark beeindruckte.
Max war übrigens der einzige Rüde, der kein Bein hob, sondern sich wie eine Hündin hinhockte. Das hatte folgenden Grund. Als er etwa ein halbes Jahr alt war, versuchte er erstmals ein Bein zu heben. Das ist ja für einen jungen Hund kein Problem, aber wir befanden uns auf See und unser kleines Schiff rollte immer. Wir bekamen damals die ersten Versuche hautnah mit: Max stand an der Ladeluke und hob ein Bein, das Schiff holte über und „zack“, Max lag auf dem Rücken. Nächster Versuch: Max hob sein Bein, das Schiff holte über und Max lag wieder auf dem Rücken. Das ging noch etwa 4 – 5 Male, dann gab unser Bordhund es auf und hob nie wieder ein Bein..... Was wohl seine Artgenossen von ihm gedacht haben ?

Max hatte noch eine sehr merkwürdige Eigenart: Heute würde man ihn als „rassistischen Hund“ bezeichnen. Wenn farbige Besucher an Bord kamen, sträubten sich seine Nackenhaare und er fing fürchterlich an zu bellen, egal ob es sich um Schauerleute oder Bedienstete von Behörden handelte. Aus dem sonst friedlichen Hund wurde eine „kleine Bestie“ und uns war es meistens peinlich. Ich nehme an, dass ein heimlicher Fußtritt das „Schlüsselerlebnis“ gewesen sein muss.