M/S "Marie Horn"
 

M/S Marie Horn, Rufzeichen: DAKO, 1137 BRT
gebaut bei Sietas Hamburg, in Dienst 19.02.59, 1969 als "Deep Freeze" nach Monrovia, 1971 nach Panama, Nach Explosion und Brand im Maschinenraum 1976 vor Miami als Fischbrutstätte versenkt. 
Fahrtzeit: 22.11.65 - 19.09.66

Auf „Marie Horn“ begann meine Seefunkerlaufbahn.
Die Reederei war „Heinrich C. Horn“, eine Tochtergesellschaft der großen „Hamburg-Süd“.
Auf den Horn-Schiffen wurden sehr viele Funk-Newcomer der Hamburg-Süd eingesetzt, um sich ihre ersten Erfahrungen zu holen. Die Verwaltung musste nebenbei auch noch vom Funker erledigt werden, das war aber bei einer Besatzung von 18 Mann kein großes Problem, obwohl ich nicht verhehlen mag, dass dieses Tätigkeit von mir nicht besonders geliebt wurde. Obwohl das Schiff 1959 gebaut wurde, hatte es keine Radarausrüstung, keine Selbststeueranlage, kein UKW an Bord. Eine Klimaanlage für den Wohnbereich war natürlich auch nicht an Bord. Dafür konnten die Laderäume bis minus 21 Grad gekühlt werden....
„Marie Horn“ war ein kleines Kühlschiff im Küstenmotorschiff-Format und wurde zu meiner Zeit zwischen den südafrikanischen Häfen Capetown  und Walvis Bay  und spanischen Häfen, meist Cadiz eingesetzt.
Wir nahmen in Kapstadt oder Walfischbai Fisch von deutschen oder spanischen Trawlern und brachten ihn nach Spanien.

In der Bildmitte die Stromversorgungseinheit, darüber der MW-Sender S527
Die Funkstation:
Betriebsgesellschaft DEBEG (Deutsche Betriebsgesellschaft für drahtlose Telegrafie) Kurzwellensender Lorenz S540 mit 200 W,( ohne 22 Mhz !)  Grenzwellensender Lorenz S509.
Mittelwellensender Telefunken 527 mit 70 W, kombiniert für Haupt- oder Notbetrieb. Hauptempfänger Siemens E566, der Standardempfänger in den 50er bis Ende der 60erJahre auf deutschen Schiffen. Notempfänger war der „Siemens E 555“.
Von einem Funkraum konnte eigentlich nicht die Rede sein, in der Größe ähnelte er eher einem „Funk-Schapp“ auf einem alten deutschen U-Boot.
Der Auftakt Ende November 1965 nach Auslaufen Cadiz war nicht sehr verheißungsvoll:
Seekrankheit, dann fiel der Hauptempfänger aus und war mit Bordmitteln nicht zu reparieren, dazu hatten sich schon ein ganzer Haufen von Weihnachtstelegrammen angesammelt. Nachdem Cadiz Radio / EAC absolut keine Lust hatte, mein TR auf 500 kHz anzunehmen, und sich in Schweigen hüllte, schaltete ich schweißgebadet und mit feuchten Händen den KW-Sender an, um Norddeich Radio zu rufen. Ich wurde sofort gehört und auf eine Ausweichfrequenz geschickt . Eigentlich kein Problem, aber mein Hauptempfänger war ja ausgefallen, der Notempfänger war absolut nicht für KW-Verkehr geeignet, bis ich die richtige Frequenz gefunden hatte, verging eine ganze Zeit, dazu musste ich den Abstimmknopf fortlaufend festhalten, sonst „lief mir die Frequenz weg“. Ich bekam gerade noch mit, wie Norddeich übermittelte: „ DAKO DE DAL QSA 0 ND PSE QSR SK“  („Ich habe Sie nicht gehört, bitte wiederholen Sie den Anruf“).

Links unten der Hauptempfänger Siemens E566, darüber der GW-Sender Lorenz S509
Ein Bild des Elends: Eine Hand am Empfänger, Norddeich suchend, die andre Hand an der Morsetaste und ein Eimer zwischen den Beinen, weil mir so schlecht war und das kleine Schiff schon bei leichter Dünung stark rollte.
Der nächste Anruf verlief erfolgreicher, ich teilte Norddeich mit, dass ich „Newcomer“ sei und „Rx-Trbl“ hatte. Das wirkte sich sofort aus, der Kollege auf der anderen Seite zeigte viel Geduld und gab sich sehr viel Mühe mir.
Trotzdem dürfte er nach der Verbindung heilfroh gewesen sein, bei meinen etwa 10 Telegrammen stimmte bei keinem die Wortzahl....
Nach einer Woche sah alles ganz anders: Die Seekrankheit war verflogen, im Bunkerhafen Dakar bekam ich meine Ersatzteile für den Hauptempfänger, ab sofort konnte ich wieder normal „funken“. Nach ca. 14 Tagen liefen wir in Kapstadt, dieser wunderschönen Stadt, ein.
In den 10 Monaten auf „Marie Horn“ habe ich meine intensivsten Funkerfahrungen gemacht. Bedingt durch den relativ leistungsschwachen Sender, ohne 22 Mhz, und die großen Distanzen, bekam man sehr bald ein Gefühl für Ausbreitungsbedingungen, Verkehrszeit und die richtige Frequenzwahl. Leicht gemacht wurde dies allerdings auch durch die beiden Küstenfunkstellen Norddeich Radio und Cape Town Radio, mit denen man ganz hervorragend arbeiten konnte.
Im September 1966 lief unsere Charter aus und wir brachten unsere letzte Fischladung nach Bremerhaven.
In der Biskaya und im engl. Kanal erlebte ich das erste Mal auf der Not- und Anruffrequenz 500 kHz die starke Verkehrsdichte. Kurzum: Auf 500 Khz war damals die Hölle los. Imponierend war für mich die Disziplin der Schiffe und der Küstenfunkstellen bei der Verkehrsabwicklung.
In Bremerhaven musterte ich ab, ein Nachfolger kam nicht an Bord, das Schiff wurde als reines „Telephonieschiff“ umgerüstet.
Wie ich später erfahren habe, ging die „Marie Horn“ 1969 als „Deep Freeze“ nach Panama. Nach einer Explosion und Brand im Maschinenraum wurde sie 1974 außer Dienst gestellt. Heute ruht dieses schmucke, kleine Schiff vor Miami auf dem Meeresgrund, wo es offiziell als Fischbrutstätte verwendet wird.


Rechts unten der Notempfänger Siemens E 555, rechts oben der KW-Sender Lorenz S540